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  • AutorenbildMarkus

Ankommen in der Fremde

8:47 Uhr. Schon so spät. Klar wir wollten heute ausschlafen, es ist ja Samstag, aber 8:47 Uhr, das sind ja gute drei Stunden mehr Schlaf als unter der Woche. Gut gelaunt schäle ich mich aus meinem Bett, aus meinem Moskitonetz und bewege mich langsam Richtung Wohnhalle. Erik ist auch gerade aufgestanden. Gemeinsam gehen wir zum Gaskocher und setzten Kaffee auf. Während des Kaffeekochens und des Frühstücks reden wir über die Woche. Resümieren wie schön es hier ist, was unseren Alltag ausmacht, was die kleinen Besonderheiten sind, auf die wir uns jedes Mal freuen.


Mein Alltag:

Nach dem Abi aus der Schule, direkt danach wieder in die Schule, als Lehrer.


Richtig, ich unterrichte hier als Lehrer Mathe und Chemie an der Secondary Higher School in Nambuma. Mein Tag beginnt um 5:45 Uhr – wenn ich nicht morgens in die Messe gehe, sonst um 5:00 Uhr. Nach einer Eimerdusche – um die Uhrzeit haben wir kein fließendes Wasser – einem kurzen Frühstück und dem Einpacken meiner Unterrichtsmaterialien, treffe ich mich mit Schwester Klara, die auch als Lehrerin arbeitet. Gemeinsam gehen wir zur Schule und sind (meistens, also eigentlich nie) pünktlich um 6:45 Uhr in der Schule. Ich habe das Glück, jeden Tag in der ersten Stunde 7:00 – 7:40 Uhr, in Form one, der ersten Highschoolklasse, vergleichbar mit unsere neunten Klasse, Mathe zu unterrichten.

Unterrichten ist hier eine interessante Erfahrung. Eine Klasse besteht aus 70-100 Schülern, wie auch in Deutschland, mit unterschiedlicher Motivation. Mittlerweile sind aber alle Schüler während meines Unterrichtes leise, im Gegensatz zum Anfang. Dabei stehe ich selbst vor den Hürden so viele Schüler auf einmal zu unterrichten, auf Englisch, leise zu halten und gleichzeitig in 40 Minuten noch auf individuelle Fragen eingehen zu können. Aber genau diese Herausforderungen machen es so spannend und schön, interessant und einmalig. Nach dem Unterricht bereite ich immer noch schön brav meine nächsten Stunden vor und korrigiere 100 Hefte mit Hausaufgaben.

Montags und freitags unterrichte ich mittags zusätzlich noch eine Doppelstunde Chemie. Hierfür ist meine ganze Kreativität gefragt. Im Labor der Schule gibt es nur wenige Materialien für Versuche. Der einzige Weg für Experimente ist mit offenen Augen durch den Alltag zu gehen und Ideen zu finden.

Nachmittags folgen noch weitere Vorbereitungen, kurzes Putzen, Waschen und Aufräumen, um abends zufrieden über die erledigte Arbeit 1 ½ h mit den Jungs aus dem Dorf Basketball zu spielen.


Wochenende:

Wochenende - ausschlafen, also bis 8:00 Uhr. Nach einem gemeinsamen Frühstück, heißt es dann Putzen, Putzen, Putzen. Jede Woche muss mindestens einmal geputzt werden. Es ist hier ziemlich windig und wer glaubt es, auch sandig. Die 5 cm Sand nach einer Woche auf Möbeln, Boden und Einrichtung putzen sich leider nicht selbst weg. Ein richtiger Männerhaushalt.


Besonderheiten und Schmankerl unseres Alltages:


Kirche: Sonntag ist Kirchentag. 8:00 Uhr beginnt die Messe und dauert meist zwei Stunden. Allerdings muss ich ehrlich zugeben, die Messen hier sind deutlich lebendiger, schöner, aktiver und interessanter, als bei uns. Hier ist immer Stimmung. Die Kirche ist prope voll, jeder singt mit, die Lieder motivieren zum Mitschwingen und der Chor lässt das ganze Kirchenschiff dröhnen. Man merkt gar nicht, wie die Zeit vorbeifliegt.


Duschen:

Wochenende ist Hygienezeit. Natürlich, wir duschen auch unter der Woche. Allerdings reichen die Sonne und der daraus resultierende Solarstrom morgens um 5:50 und abends um 18:00 Uhr, wenn es schon dunkel ist, nicht für fließendes Wasser. Dementsprechend muss der Eimer und Waschlappen herhalten. Verschwitzt nach dem Sport sich mit knappen 5 Litern Wasser sauber zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Aber mittlerweile bin ich „Eimerwaschprofi“, ich habe schon die richtige Technik entwickelt. Aber am Samstag und am Sonntag haben wir den Luxus von fließendem Wasser.


Essen: Wir werden von den Schwestern abends und mittags versorgt. Es gibt vom landestypischen Nsima, einem Maisbrei, über Bohnen, Gemüse, Fleisch, jedes Mal ein reichhaltiges Büfett. Zum Nachtisch gibt es immer noch Obst und etwas Süßes, Selbstgemachtes. Davon bekommen und sollen wir auch immer etwas mit in unser Haus nehmen. Unser Storageroom quillt mittlerweile über, obwohl wir 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, am Essen sind. Wir scherzen schon immer beim Abendessen, wenn wir wieder etwas bekommen, in einem Jahr rollen wir heim.


Abend:

Unter der Woche gehen wir früh, im Vergleich zu Deutschland, ins Bett. Die Sonne geht allerdings bereits um 18:00 Uhr unter. So kann man sich abends immer noch gemütlich eine Stunde hinaus legen und einen wunderschönen Sternenhimmel betrachten. Tausende Sterne, keine Lichtverschmutzung und jeden Abend Sternschnuppen. Ein Traum!



Insgesamt geht es uns hier echt gut. Wir haben zwar viel zu erledigen, aber es ist einfach so entschleunigt und wunderschön hier. Es passt alles.


Sonnige Grüße ins kalte Deutschland. Wir denken an euch, wenn wir das nächste Mal Mittagspause in der Hängematte bei 32 Grad machen.


Markus Radlmayr

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